Geschichte Ortsteil Gundernhausen
Hier finden Sie die Herkunft-und-Erklärung-der-Straßennamen-Gundernhausen.pdf
Gundernhausen und Roßdorf bilden seit Jahrhunderten eine enge Gemeinschaft im westlichsten Teil des Bachgaues. Wie aus Bodenfunden hervorgeht, ist die Gemarkung Gundernhausen seit Jahrtausenden besiedelt. Wir möchten in unserer kleinen Zusammenfassung die Geschichte ab der Namengebung "Gundernhausen" behandeln.
Orte mit den Endungen ...hausen wurden bei uns von den Franken im 8. und 9. Jahrhundert gegründet. Im Jahre 763 schenkte König Pippin der Abtei Fulda das heutige Groß-Umstadt mit allem Zubehör, zu dem auch Gundernhausen gehört haben soll. In einer Evangelienhandschrift der Abtei Seligenstadt, die auf das Jahr 830 datiert wird, werden mehrere Orte mit der Endung ...hausen erwähnt. Eine eindeutige Zuordnung aller dieser ...hausen zu den jetzigen Dorfnamen ist bisher nicht gelungen.
Die erste schriftliche Erwähnung des kompletten Ortsnamens finden wir in einer Urkunde des Klosters Fulda aus dem Jahre 1250. Der Abt Heinrich versprach den Brüdern Eberhard und Dieter von Katzenelnbogen ein nicht näher bezeichnetes Lehen im Gebiet des Aschaffenburger Archidiakonats. Dabei ist auch von einer Summe Lehngeld die Rede, für welche die Brüder in Roßdorf und Gundernhausen Vergütung erhalten hätten.
In einer weiteren Urkunde aus dem Jahre 1257 wurde die Übertragung von Roßdorf und Gundernhausen vom Abt zu den Grafen bestätigt, welche bereits dessen Vorgänger vollzogen hatte. Somit kam Gundernhausen in den Besitz der Grafen von Katzenelnbogen.
Kirchlich gehörte Gundernhausen zum Erzbistum Mainz. Dort erwähnt ist es in den Urkunden des Stiftes St. Peter und Alexander in Aschaffenburg, wobei als Mutterkirche Dieburg benannt wurde. Erstmals wurde ein Geistlicher im Jahre 1425 aufgeführt.
Die Katzenelnbogener Grafen benutzten Gundernhausen, indem sie es als Pfand oder auch als Lehen an andere Herrschaften vergaben, für ihre aggressive Territorialpolitik.
Während der Streitigkeiten der Grafen von Katzenelnbogen mit der Stadt Worms wurde von diesen großer Schaden in der Grafschaft angerichtet. Im Schadenverzeichnis aus dem Jahre 1390 war vermerkt worden, dass dem Kunz Ulrich von Gundernhausen 7 Ohm Wein genommen wurden. Ein erster Hinweis auf den Weinbau in Gundernhausen.
Mit dem Aussterben der Grafen von Katzenelnbogen kam Gundernhausen 1479 zur Landgrafschaft Hessen. Während der Kirchenvisitation im Jahre 1514 baten die Bürger, dass ihnen die Bede und Zinsen wegen eines schädlichen Brandes, der das Dorf heimgesucht hatte, erlassen wurde. Heute läutet noch in der ev. Kirche die im Jahre 1520 gegossene Anna Glocke. 1526 wurde Gundernhausen wie das übrige Hessen evangelisch, 1576 zur selbständigen Pfarrei erhoben.
Am Erbsenbach stehen vier Mühlen, deren Namen in den vergangenen Jahrhunderten wechselten, da sie jeweils nach dem Müller bezeichnet wurden. So begegneten wir dem Heilgen Gut bereits im Jahre 1408, der Heilgenmühle 1525. Weitere Mühlen (Hartmannsmühle, Hundsmühle) wurden im gleichen Jahr als Gundernhausener Mühlen genannt. Direkt unter der Heilgenmühle (heute Weißmühle) hindurch verlief die 1581 zwischen Roßdorf und Gundernhausen gezogene Grenze.
Im 30jährigen Krieg wurde Gundernhausen zwei mal schwer geschädigt. 1622 raubten die Mansfelder das Dorf aus und um das Jahr 1636 lagerten die Schweden am heute noch so genannten Schwedenrain. Die Pest kam in unser Gebiet, ihr fielen fast alle Einwohner zum Opfer. Jahrelang wohnte niemand in den verfallenen Häusern.
Das älteste noch vorhandene Kirchenbuch wurde 1599 von Pfarrer Theoderich Kraft Weidling begonnen und endet 1634, als er an der Pest starb.
Neue Bürger aus anderen Landesteilen begannen nach dem Krieg den Aufbau des Dorfes. Besondere Bedeutung gewannen dabei die beiden Hofgüter mit ihren herrschaftlichen Besitzern. 1671 ging das Hofgut in der Nordhäuser Straße an den Rittmeister Georg Friedrich von Weitolshausen genannt Schrautenbach über, der es an seinen Sohn Ludwig Balthasar vererbte. Dieser war der berühmte Hessische General von Weitolshausen, genannt Schrautenbach, seiner Hochfürstlichen Durchlaucht zu Hessen Darmstadt wohlbestallter Generalleutnant und Präsident des Kriegsrathscollegii und Oberster des Infanterie Regiments. Nach dem 17. Dezember 1738, seinem Todestag, fand er im Chor der Kirche zu Gundernhausen, die 1750 erbaut wurde, seine stille Gruft. Das Gut ging dann an Jägermeister Karl Wilhelm von Nimpsch über. 1827 wurde das Gut dem Hessischen Staatsminister von Grolmann, der maßgebend an der Hessischen Verfassung mitgearbeitet hatte, zu Lehen gegeben.
Ein weiteres herrschaftliches Gut befand sich an der Hauptstraße. Dieses bewohnte der Freiherr Friedrich Philipp von Atzenheim. Der Gesandte vieler Deutscher Fürstenhäuser wurde 1742 von Kaiser Karl VII zum Edlen von Atzenheim und des Heiligen Römischen Reiches Ritter ernannt sowie der ursprüngliche Adel seines ehemals zu der Elsässischen Ritterschaft gehörenden Geschlechts erneuert. Als Hessen-Darmstädtischer geheimer Rat wohnte er bis zu seinem Tod im Jahre 1765 in Gundernhausen, wo er in der Kirche seine letzte Ruhe fand. Ein Epitaph erinnert an diesen bedeutenden Ortsbürger.
Ebenfalls erwähnenswert ist der Gundernhausener Pfarrer und Naturforscher Johann Christoph Röhling (1757 - 1813). Er verfaßte mehrere Bücher, die in den deutschsprachigen Bibliotheken Europas zu finden sind. Flora, Fauna, Moose und die Bienenzucht sind der Schwerpunkt seiner Veröffentlichungen.
Im Übergang vom 18. ins 19. Jahrhundert gab es Einquartierungen französischer und anderer Truppen. 1813 wurde die Dieburger Mark aufgelöst und Gundernhausen erhielt anteilig zu seiner damaligen Einwohnerzahl Gemeindewald zugesprochen. 1863 wurde der erste Verein gegründet, der Bienenzuchtverein. Ihm folgten mehrere Gesangvereine (ab 1865), der erste Turnverein (1905) und später der Kaninchenzuchtverein (1912). Die zur Zeit aktiven Vereine sind in dieser Schrift im Kapitel Vereine aufgelistet.
Die Eisenbahn hält 1897 am Gundernhausener Bahnhof zum erstem mal. Elektrische Beleuchtung wird 1913 installiert und das Wasserrohrnetz 1934 verlegt.
Mit Beginn des 2. Weltkrieges 1939 kam das kulturelle- und das Vereinsleben bald zum Erliegen. Am 9. Juni 1940 beklagte Gundernhausen seinen ersten Gefallenen. Georg Weygandt folgten noch 102 Männer und Frauen, um die Gundernhausener Bürger nach dem Kriege trauerten. Mit dem Einmarsch amerikanischer Truppen am 25. März 1945 ging für Gundernhausen der Krieg zu Ende.
Über 400 Heimatvertriebene und Ausgebombte nahm Gundernhausen in den Jahren 1946 bis 1955 auf. Das Dorf veränderte sich. Neubaugebiete wurden erschlossen, die Bevölkerungszahl verdoppelt sich, eine neue Schule wurde eingeweiht (1954), Kanalrohre in die Erde verlegt (1952) und die Flurbereinigung verändert das Landschaftsbild (1957). Die feuchten Wiesen, Büsche am Wegesrand, die Hohlwege zum Stetteritz und die Hügel am Schwalbenrain wurden zur Vergrößerung der landwirtschaftlichen Nutzfläche eingeebnet, der Stetteritz wurde Wohngebiet. Dies hatte zur Folge, dass seit 1965 kein Storch mehr das Nest auf dem Pfarrhaus bezog.
Von Heimatforscher Wilhelm Kraft wurde in der Nachkriegszeit ein umfangreiches Bildarchiv über das "alte Gundernhausen" zusammengestellt, weiterhin beschäftigt er sich intensiv mit der Ortsgeschichte. Als Pfleger des Gemeinde- und Kirchenarchivs und durch seine Veröffentlichungen trägt er immer noch dazu bei, dass die Gundernhausener Ortsgeschichte lebendig bleibt und vieles erhalten ist.
Die 1964 gegründete Chemiegesellschaft Gundernhausen brachte bis zu 900 Arbeitsplätze ins Dorf, vernichtete aber weitestgehend das Sumpfgebiet der Brunkel, wodurch der Lebensraum vieler seltenen Pflanzen und Tiere zerstört wurde.
Mit dem Bau einer neuen Sportanlage und eines Bürgerhauses (1969 bis 1971), sowie dem Abriß des in dem 16. Jahrhundert gebauten alten Rathauses wurde Gundernhausen modernisiert.
Zum Jahreswechsel 1976 auf 1977 wurde Gundernhausen im Zuge einer Gebietsreforam Ortsteil der Gemeinde Roßdorf. Vorausgegangen war eine lebhafte Diskussion in der Bevölkerung über das Für und Wider der Gebietsreform. Dem sehnsüchtigen Wunsch der Bürger, welcher mit einem einstimmigen Votum auf der Bürgerversammlung am 13.1.1974 gezeigt wurde, selbständige Gemeinde zu bleiben, wurde von Seiten der Landesregierung nicht entsprochen. Wenn schon nicht selbständig, dann aber nach Roßdorf und nicht nach Groß Zimmern, war die überwältigende Meinung der Teilnehmer auf dieser Bürgerversammlung.
In den letzten Jahren fanden größere Investitionen der Gemeinde im Ortsteil Gundernhausen statt. Die Hauptstraße wurde umgestaltet, der Kirchplatz modernisiert, und im Jahre 2001 wurde ein zeitgemäßes Feuerwehrgerätehaus mit Einkaufszentrum und Wohnungen eingeweiht; außerdem erfolgte der Neubau einer Kläranlage und es wurde ein weiteres Neubaugebiet im Alten-Darmstädter-Weg ausgewiesen.
Das "größte" Fest im Dorf ist die erstmals 1599 schriftlich erwähnte Kirchweih (Kerb). Sie findet am 1. Sonntag nach dem 1. September über vier Tagen statt und wird von der gesamten Bevölkerung gefeiert. Der Umzug der Kerbborsch mit anschließendem Kerbspruch zieht viele Besucher an.
Weitere Aktivitäten der Gemeinde sind für die Zukunft geplant, die unser Dorf lebens- und liebenswert machen.
Willi Horneff