Warum Roßdorf Steuern, Gebühren und Beiträge anheben muss - ein Beitrag von Bürgermeister Norman Zimmermann
Liebe Bürgerinnen und Bürger,
am 21. Mai 2024 habe ich den Entwurf für einen Doppelhaushalt für die Jahre 2024 und 2025 eingebracht. In der Bürgerschaft werden dieser und die ebenfalls vorgeschlagenen Erhöhungen von Gebühren und Beiträgen teilweise emotional diskutiert. Deshalb möchte ich Ihnen heute die Beweggründe nahebringen, die uns dazu veranlasst haben, einen Doppelhaushalt so vorzuschlagen, Ausgaben zu kürzen und Steuern, Gebühren und Beiträge anzuheben.
1. Die Ausgangslage
Von 2018 bis 2023 sind die Erträge der Gemeinde Roßdorf um ca. 4 Mio. Euro angestiegen, die Aufwendungen jedoch um rund 8 Mio. Euro. Die Ausgaben laufen den Einnahmen davon.
Die Gründe dafür sind vielfältig: Den Gemeinden werden immer mehr Aufgaben übertragen, ohne dass Bund und Land die Kosten dafür übernehmen. Die Steuereinnahmen der Gemeinde können nicht mehr Schritt halten mit der allgemeinen Inflation, dem Anstieg der Personalkosten und der Anhebung von Qualitätsstandards. Die Umlagen des Landkreises, Kreis- und Schulumlage, sind seit 2018 um 45% bzw. 55% auf mittlerweile 12,7 Mio. Euro p.a. angehoben worden. Die Gewerbesteuer, wie überall ein wichtiger Teil der Gemeindeeinnahmen, ist unkalkulierbar und schwankt sehr stark.
Fazit: Die Gemeinde hat keinen finanziellen Spielraum. Obwohl unsere Gemeinde es sich eigentlich nicht leisten kann, leisten wir es uns, dass bei uns vergleichsweise niedrige Steuern, Verwaltungsgebühren, Nutzungsgebühren für die gemeindlichen Einrichtungen und z.B. auch die niedrigsten Kindergartengebühren im Landkreis verlangt werden. Das kann natürlich nicht dauerhaft gut gehen. Um unsere finanzielle Stabilität wieder zu erlangen kommen wir am Sparen und am Anheben von Steuern, Gebühren und Beiträgen nicht vorbei. Eine Erkenntnis, die niemandem Freude macht, die aber die blanke Realität beschreibt.
2. Sparen
Im ersten Entwurf lag das Defizit noch bei 5,5 Mio. Euro, jetzt planen wir mit einem Defizit in Höhe von 1,76 Mio. Euro in 2024 und für 2025 kommen wir sogar nahe an die schwarze Null heran. Wie kann das gelingen? Indem wir sparen, also die Aufwendungen reduzieren, Maßnahmen verschieben und indem wir die Einnahmen steigern.
Deshalb haben wir den gesamten Haushalt, jedes Budget und jedes Produkt, noch einmal durchgesehen und gestrichen, was irgendwie gestrichen werden konnte. Im Ergebnishaushalt, also in dem Bereich, in dem es um die laufenden Ausgaben geht, haben wir laufende Kosten eingespart. Im Investitionshaushalt, also dort, wo es um Grundsanierungen und Neubauten geht, haben wir Investitionsprojekte in die Zukunft verschoben und realisieren nur das, was dringend erforderlich ist. Nicht schön, aber notwendig. Seit Jahresbeginn befindet sich Roßdorf in der vorläufigen Haushaltsführung. Seitdem dürfen nur Ausgaben getätigt werden, die zwingend notwendig und unvermeidbar sind. Stellen dürfen nur unter strengen Voraussetzungen besetzt und neue Projekte nicht begonnen werden. Das hat zusammen mit den anderen Sparmaßnahmen dazu geführt, dass wir das Defizit für 2024 deutlich senken konnten.
3. Verwaltungskostensatzung
Die Gemeindevertretung hat bereits Ende 2023 die neue Verwaltungskostensatzung beschlossen. Nach 24 Jahren wurden erstmals wieder die Verwaltungsgebühren angehoben und kommen in die Nähe der gesetzlichen Vorgabe, dass die Gebühren die Kosten der Verwaltungstätigkeit abdecken sollen. Nun muss der Einzelne einen größeren Teil der Kosten tragen, die er selbst verursacht. Die Allgemeinheit wird entlastet. Künftig werden wir darauf achten, die Gebühren regelmäßig und rechtzeitig anzupassen.
4. Anhebung weiterer Gebühren
Wir haben vorgeschlagen, auch die Gebühren anzuheben, die bei der Nutzung unserer gemeindlichen Hallen und sonstigen Einrichtungen erhoben werden. Nach 13 Jahren ist das gerechtfertigt und notwendig. Weiterhin sollen die Vereine übrigens kostenlos die Hallen für Sport und Kultur nutzen können, außerdem eine Veranstaltung im Jahr kostenfrei durchführen können und bei fast allen anderen nur die Hälfte zahlen müssen. Aber wenn Unternehmen oder Privatpersonen kommen, dann muss es eben mehr als bisher kosten. Das ist nicht zu vermeiden, genauso wenig wie eine Anhebung der Hundesteuer, die in Roßdorf ebenfalls durchgäng niedriger liegt als in allen anderen Kommunen ringsum. Hier schlagen wir ebenfalls eine Anhebung auf Beträge vor. Nicht schön, aber unvermeidlich.
5. Anhebung der Kitagebühren
Wir haben vorgeschlagen, die Kita-Beiträge anzuheben. Die geltende Gebührensatzung stammt vom 01.01.2018 und hätte eigentlich längst angepasst werden müssen, denn im gleichen Zeitraum ist der Aufwand für die Kitas in unserer Gemeinde von 3,0 Mio. auf 5,3 Mio. Euro, also um sage und schreibe 75% angestiegen.
Obwohl Land und Bund die Anforderungen ständig erhöhen, die wir erfüllen müssen, bleiben die von dort kommenden Zuschüsse für die Kitas nahezu gleich. Heute müssen wir davon ausgehen, dass die Allgemeinheit in Roßdorf, also unsere Gemeinde, ca. 80% der Kosten der Kitas zahlt. Hier ist eine Schmerzgrenze überschritten und muss der Anteil erhöht werden, der von denjenigen gezahlt wird, die von den Leistungen der Gemeinde direkt profitieren: Hier den Eltern und ihren Kindern.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Dass wir alle gemeinsam auf diese Art und Weise in unsere Kinder investieren, ist richtig und gut. Aber wir müssen wieder zurück zu einem anderen Gleichgewicht. Genauso wie das Land Hessen, weshalb ich auch gemeinsam mit vielen anderen Bürgemeistern in diese Richtung aktiv bin. Aber darüber entscheiden nun einmal andere. Helfen Sie mit und schreiben Sie an Ihren örtlichen Landtagsabgeordneten!
6. Grundsteuern und Gewerbesteuern anheben
Wenn alle Möglichkeiten genutzt wurden, Ausgaben einzusparen und Gebühren sowie Beiträge anzuheben, dann bleibt nur noch eins: Um eine Genehmigung für den Haushaltsentwurf zu erhalten, müssen wir die Steuern für uns alle anheben. Deshalb haben wir vorgeschlagen, die Grundsteuer B auf 790 Punkte anzuheben und die Gewerbesteuer auf 400 Punkte. Die dadurch zu erwartenden Einnahmenerhöhungen helfen uns, die Finanzsituation unserer Gemeinde zu verbessern und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass wir mittelfristig, nach derzeitiger Sicht sogar schon ab 2026 / 2027, die Wende in den Gemeindefinanzen erreichen können. Das ist nicht schön und macht keine Freude. Aber es gibt Anlass zur Zuversicht, und wir sind hier nicht alleine. Alle anderen Kommunen im Landkreis müssen denselben Weg gehen, wenn sie ihn nicht schon gegangen sind. Trotz Erhöhung bleiben wir weiterhin im Mittelfeld der Belastungen.
7. Für die Zukunft vorbauen: Förderprogramme von Land, Bund und EU besser nutzen
Das Land Hessen bietet mit dem Hessischen Investitionsfonds die Möglichkeit Beträge anzusparen. Diese können dann für Investitionen eingesetzt werden und führen am Ende dazu, dass wir zinslos ganz ansehnliche Mittel von der WI-Bank leihen können. Deshalb haben wir angefangen, hier anzusparen und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Roßdorf in ein paar Jahren auch größere Investitionen stemmen kann. Gleichzeitig sind wir dabei, andere Förderprogramme, wie z.B. das von der EU stammende LEADER-Programm besser zu nutzen. In diesen Tagen haben wir den Antrag zur Aufnahme in das Städtebauförderungsprogramm „Sozialer Zusammenhalt“ des Landes Hessen gestellt, aus dem wir hoffentlich in den kommenden Jahren weitere Investitionsförderungen erhalten können. Unser Antrag auf Förderung zur Kommunalen Wärmeplanung, den wir bereits im vergangenen Jahr gestellt haben, wird uns hoffentlich 90% der dabei anfallenden Kosten erstatten. Wir bleiben am Ball, um weitere Förderprogramme nutzen zu können.
8. Ausblick
Voraussetzung dafür, dass sich Roßdorf auf den Weg in eine finanziell stabilere Zukunft machen kann, ist, dass die Gemeindevertretung den Haushalt am 21.06.2024 möglichst so beschließt, wie wir es mit der Kommunalaufsicht vereinbart haben. Kleinere Änderungen sind natürlich möglich, aber an den grundsätzlichen Weichenstellungen geht kein Weg vorbei.
Ihr Norman Zimmermann
Bürgermeister