Sachstand in Sachen Zielabweichungsverfahren zusätzliche Windenergieanlagen
Die Gemeindevertretung Roßdorf hat am 24. März 2023 den Gemeindevorstand beauftragt, unverzüglich ein Zielabweichungsverfahren einzuleiten und dazu ein „Interessenbekundungsverfahren“ zur Errichtung weiterer Windenergieanlagen zu starten. Dem entsprechend hat der Gemeindevorstand pflichtgemäß sofort begonnen, ein Zielabweichungsverfahren einzuleiten und deshalb erste informelle Gespräche geführt, um die aktuelle, recht volatile Rechtslage vorab klären zu können.
Grundlage der aktuellen Rechtslage ist der 2020 von der Regionalversammlung Südhessen beschlossene Sachliche Teilplan Erneuerbare Energien (TPEE) des Regionalplans Südhessen, aus dem hervorgeht, dass das in der Gemarkung Roßdorf liegende Vorranggebiet Windenergie ausschließlich zur Nutzung als Standort für Windkraftanlagen zur Verfügung steht, andererseits außerhalb dieses Vorranggebietes eine Nutzung für Windenergieanlagen ausgeschlossen ist.
Am 03.03.2023 hat jedoch der Deutsche Bundestag den von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Änderung des Raumordnungsgesetzes und anderer Vorschriften beschlossen. Ziel der Neuregelung ist es, die Genehmigungsverfahren für Infrastrukturvorhaben wie große Industrieanlagen, aber auch Windparks u.ä. deutlich zu beschleunigen, außerdem die Planungssicherheit zu erhöhen. Dieses Gesetz ist am 29. März 2023 in Kraft getreten.
Infolge dessen hat die Hessische Landesregierung erst am 01.06.2023 (!) Neuregelungen zur Beschleunigung des Windenergieausbaus in Hessen erlassen (Gemeinsamer Erlass der Hessischen Ministerien für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen).
Aufgrund der Gesetzesänderungen auf Landes- und Bundesebene bestand auch bei den zuständigen Stellen der Regionalplanungsbehörden in den letzten Monaten eine gewisse rechtliche Unklarheit, die zunächst zu beseitigen war. Dies ist nach Kenntnis der Verwaltung erst Anfang Juli 2023 nach erneuter Erläuterung des hessischen Erlasses erfolgt.
Bei der Aufstellung des Sachlichen Teilplans Erneuerbare Energien des Regionalplans Südhessen bis 2020 wurden die ausgewiesenen Vorranggebiete Windenergie aufgrund fachlicher Erwägungen und nach den geltenden rechtlichen Bestimmungen festgelegt und durch die Regionalversammlung Südhessen beschlossen. Diese gelten trotz der Gesetzesänderungen im Wesentlichen fort, sodass nach wie vor unklar ist, ob ein Zielabweichungsverfahren überhaupt Aussicht auf Erfolg haben kann. Deshalb kann derzeit keine Aussage darüber getroffen werden, ob in Roßdorf weitere Windräder gebaut werden dürfen. Das werden die weiteren Gespräche und Prüfungen ergeben.
Die Gemeindevertretung wurde wiederholt darauf hingewiesen, dass ein Zielabweichungsverfahren ohnehin erst 2024 eingeleitet werden kann, weil zuvor die dafür notwendigen finanziellen Mittel nach Haushaltsrecht zwingend in den Haushaltsplan 2024 einzuplanen sind. Darüber obliegt die Entscheidung allein der Gemeindevertretung selbst.
Angesichts der geschilderten Sachlage kann festgestellt werden, dass die Verwaltung alles getan hat, was sie bis zum jetzigen Zeitpunkt tun konnte, um dem Beschluss der Gemeindevertretung gerecht zu werden. Sobald weitere Erkenntnisse vorliegen, werden die Gemeindegremien und auch die Öffentlichkeit darüber in Kenntnis gesetzt und weitere Schritte in Angriff genommen.