Stellungnahme des Roßdörfer Bürgermeisters Norman Zimmermann zu einer Wahlkampfveranstaltung zur Landtagswahl in Gundernhausen
Liebe Bürgerinnen und Bürger,
es trifft zu, dass eine Partei am 30.09.2023 die Bürgerhaushalle in Gundernhausen für eine Veranstaltung zur Landtagswahl gemietet und angemeldet hat. Als Gemeinde haben wir keine rechtliche Möglichkeit, die Nutzung der Halle zu verwehren, weil sowohl die geltenden Bundes- und Landesgesetze, als auch die in Roßdorf seit vielen Jahren geltenden Benutzungsordnungen für die beiden großen Hallen uns dazu verpflichten.
Der rechtliche Rahmen ist vor fünf Jahren durch meine Vorgängerin im Bürgermeisteramt geklärt worden. Damals hat die Gemeinde versucht, derselben Partei die Nutzung der Hofreite Palmy zu verwehren. Die Sache ging damals vor Gericht und endete, auch aufgrund einer Rechtsberatung durch den Hessischen Städte- und Gemeindebund, mit einem Vergleich. Gleichzeitig erging eine Strafanzeige sowie ein Disziplinarverfahren gegen eine Beschäftigte der Gemeindeverwaltung. Auch die damalige Bürgermeisterin musste sich einem Disziplinarverfahren stellen.
Es war die Entscheidung der damals politisch Verantwortlichen, die Benutzungsordnungen der Roßdörfer Hallen nicht zu ändern, obwohl es entsprechende Hinweise vom HSGB gab. Eine Möglichkeit wäre gewesen, die Widmung der Hallen so zu fassen, dass darin keine politischen Veranstaltungen oder nur solche mit kommunalpolitischem Inhalt stattfinden können. Davon ist aber Abstand genommen worden, weil ansonsten auch Veranstaltungen aller anderen Parteien dort nicht mehr stattfinden könnten.
Als weitere Möglichkeit ist damals auch die exklusive Beschränkung der Hallenvergabe auf Roßdörfer Bürgerinnen und Bürger und ggf. Unternehmen mit Sitz im Ort benannt worden. In anderen Kommunen im Umkreis sind in den letzten Jahren deshalb einige Benutzungssatzungen für solche Säle geändert worden, um extremistischen Gruppen keine Plattform bieten zu müssen. Roßdorf hat hier hingegen nichts unternommen. Die jetzige Erfahrung nehme ich zum Anlass, die Benutzungsordnungen überarbeiten und aktualisieren zu lassen, damit wir in Zukunft darüber entscheiden können, wofür unsere Hallen verwendet werden und wer sie mieten darf.
Grundsätzlich ist gegen Wahlkampfveranstaltungen von Parteien in einer Demokratie nichts einzuwenden, ganz im Gegenteil. Sie gehören zum demokratischen Wettbewerb dazu und können den Wählerinnen und Wählern helfen, sich eine Meinung zu bilden, um eine durchdachte Wahlentscheidung treffen zu können. Deshalb haben wir hier in der Gemeindeverwaltung auch keinen Anlass gesehen, diese Veranstaltung sowohl in der Verwaltungstätigkeit nach innen als auch in der Kommunikation nach außen anders zu behandeln als jede andere Parteiveranstaltung. Es ist auch gar nicht im Interesse der Gemeinde, zusätzliche Aufmerksamkeit für eine solche Veranstaltung zu erzeugen. Bedauerlicherweise führen ja Gegendemonstrationen und Mobilisierungen nicht zuletzt auch dazu, dass diese Veranstaltungen und die sie ausrichtenden Parteien eine überdurchschnittliche Aufmerksamkeit erhalten. Bisher kommt die Partei jedenfalls ganz ohne Veranstaltungsplakate aus, und trotzdem scheint die Veranstaltung in aller Munde.
Selbstverständlich bin ich sehr froh, dass wir eine Bürgerschaft haben, die sich gegen Extremisten und Feinde unserer Demokratie wehren will. Nur so werden wir letztlich unser Grundgesetz verteidigen können. Vor allem aber gilt eines: Wer Demokratie und Rechtsstaat weiter genießen will, der muss Demokraten wählen.
Für die Gemeinde als Ordnungsbehörde bedeutet die Veranstaltung eine Herausforderung. Natürlich stehen wir seit Wochen im Gespräch mit der Polizei und gehen davon aus, dass auch der Staatsschutz hier aktiv ist. Wir haben die Anmeldung einer Gegendemonstration und eines Festes für Demokratie und Vielfalt. Ich sehe es als Aufgabe des Bürgermeisters als Ordnungsbehörde, gemeinsam mit der Landespolizei für Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Die Polizei wird natürlich sowohl die Versammlung in der Halle schützen als auch das Demonstrations- und Versammlungsrecht der Gegendemonstranten. Wir als Gemeinde sehen es als unsere Aufgabe, gemeinsam mit der Landespolizei die Gefährdung und Belästigung der Bürgerinnen und Bürger in Gundernhausen zu verhindern sowie ihr Hab und Gut zu schützen. Wir werden Überschreitungen der geltenden Regeln strengstens und konsequent verfolgen und ahnden. Die Sorgen der Anwohner kann ich verstehen und nachvollziehen. Es ist alles andere als gut, dass die Veranstaltung in einer Halle stattfindet, die mitten in einem Wohngebiet liegt. Darin sehe ich einen weiteren Grund, eine Änderung der Benutzungsordnungen zu erreichen.
Lassen Sie uns gemeinsam für unsere Demokratie einstehen.
Norman Zimmermann, Bürgermeister