In der Sitzung der Gemeindevertretung wurden Grenzen überschritten
Liebe Bürgerinnen und Bürger,
im Rahmen der Gemeindevertretersitzung am Freitag, dem 22. September 2023, hat Herr Frieder Kaufmann, Gemeindevertreter der Roßdörfer Grünen, Vorwürfe und Behauptungen gegenüber der Verwaltung und meiner Person erhoben, die ich mit Entschiedenheit zurückweisen muss.
Herr Kaufmann hat behauptet, die Gemeinde habe, so wörtlich, „keinerlei Widerstand gegen eine Veranstaltung der AfD in der Bürgerhaushalle gemacht“ und es „erlaubt, dass eine Partei, die von einem Mann geleitet wird, den man mit höchstrichterlicher Erlaubnis einen Faschisten und Nazi nennen darf, unser Bürgerhaus nutzt“. Kaufmann hat außerdem behauptet: „Nichtssagen heißt Zustimmung“. Bürgermeister Zimmermann habe „den Feinden der Demokratie das Feld [...] kampflos geräumt.“ Die „Persönliche“ Stellungnahme wurde von den Vertretern der SPD und der Grünen mit stehendem Applaus quittiert, ein noch nie dagewesener Tiefpunkt des parlamentarischen Miteinanders in unserer Gemeinde.
Zutiefst erschüttert bin ich auch, dass die Mehrheit der Gemeindevertreter meine zu Beginn der Sitzung vorgetragene Stellungnahme zur Veranstaltung am 30.09.2023 und meine Mahnung vollständig ignoriert hat, gewisse Grenzen nicht zu überschreiten. Herr Kaufmann hat stattdessen unter dem Beifall von SPD und Grünen Vorwürfe und falsche Behauptungen erhoben, die ehrabschneiderisch und verleumderisch sind, die vielleicht sogar den Straftatbestand der üblen Nachrede erfüllen. Besonders schlimm ist, dass sich diese falschen Behauptungen und Vorwürfe nicht nur gegen mich als Bürgermeister richten, sondern genauso gegen die zuständigen Kolleginnen und Kollegen der Verwaltung (nämlich wie formuliert gegen „die Gemeinde“).
Ich möchte deshalb ganz entschieden darauf hinweisen, dass die zuständigen Kolleginnen und Kollegen in der Gemeindeverwaltung im Einklang mit Recht und Gesetz und den von der Gemeindevertretung (!) festgelegten Regeln gehandelt haben. Ihnen den Vorwurf zu machen, sie hätten sich nicht genug gegen die Veranstaltung gewehrt, ist nach meinem Empfinden eine Entgleisung, wie wir sie in Roßdorf noch nicht erlebt haben. Es ist zwar von Herrn Kaufmann nicht genau benannt worden, wie ein solches „Wehren“ hätte aussehen können. Fest steht aber, dass diese Forderung für die Kolleginnen und Kollegen bedeutet hätte, Recht und Gesetz beugen oder brechen zu müssen. Das aber, liebe Bürgerinnen und Bürger, wird es mit mir nicht geben. Als Bürgermeister bin ich den Gesetzen unseres Landes verpflichtet, und diese Verpflichtung nehme ich sehr ernst. Es kommt hinzu: Wir können unseren Rechtsstaat nicht gegen seine Feinde verteidigen, wenn wir ihn missachten oder gar abschaffen.
Ich sehe es auch als meine Pflicht, die betreffenden Kolleginnen in solchen Fällen zu schützen. Sie waren es, die 2019/2020 die Konsequenzen dafür zu tragen hatten, dass die Gemeinde seinerzeit eine AfD-Veranstaltung nicht in ihren Sälen stattfinden lassen wollte. Sie hatten eine Strafanzeige und eine Dienstaufsichtsbeschwerde zu ertragen. Das war damals eine sehr belastende Erfahrung, der ich die Kolleginnen nicht erneut aussetzen wollte. Sie waren tief getroffen, als sie von der Anfrage der SPD-Fraktion erfuhren, ob es zutreffe, dass eine Tischtennisveranstaltung abgesagt worden sei, um der AfD die Halle überlassen zu können. Auch das ist natürlich unwahr, eine entsprechende Veranstaltung des Tischtennisvereins war und ist bis heute nicht angemeldet worden. Die Halle war frei.
Bezeichnend ist auch, dass die Vorwürfe des mangelnden Widerstandes gegen die AfD von Grünen und SPD nicht erhoben worden ist, als der AfD-Kreisverband nach dem damals geschlossenen Vergleich, in den Jahren 2021 und 2022, mindestens fünf öffentliche Veranstaltungen in Roßdörfer Sälen durchgeführt hat, u.a. zur Aufstellung der Kandidaten für den Landtag. Konkret geht es um: 30.01.2021: Kreisparteitag der AfD Darmstadt-Dieburg im Sonnensaal. 07.06.2021: Wahlkreisversammlung der AfD Darmstadt-Dieburg im Sonnensaal. 28.08.2021: Kreisparteitag der AfD Darmstadt-Dieburg im Sonnensaal und zwei weitere Veranstaltungen im Jahr 2022.
Es ist auch falsch, dass „Nichtssagen Zustimmung bedeutet“. Ganz im Gegenteil habe ich als Bürgermeister es als meine Pflicht angesehen, hier strikt parteipolitisch neutral zu handeln. Diese Haltung habe ich auch mit dem Gemeindevorstand abgestimmt, wo sie auf Zustimmung gestoßen ist. Ich bin davon ausgegangen, dass alle Parteien die Neutralität der Verwaltung und des Bürgermeisters akzeptieren und respektieren, ihre Ablehnung der AfD gegenüber durch private Aktivitäten oder solche der Parteien deutlich machen wollten. Das ist ja jetzt auch der Fall, was ich ausdrücklich begrüße. Demokratie und Rechtsstaat sichern wir nur gemeinsam, indem wir für unsere Demokratie, für Vielfalt und Toleranz einstehen. Gut, dass Gundernhausen das am 30.09.2023 deutlich machen wird.
Eine Absage der Veranstaltung durch die Landespolizei scheidet übrigens ebenfalls aus, weil laut Polizei kein Grund erkennbar ist, der eine Absage rechtfertigen könnte. Auch danach hatte die SPD gefragt. Die Landespolizei hat aber keinerlei Anlass anzunehmen, dass von der Veranstaltung der AfD selbst oder durch die Gegenveranstaltungen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen könnte. Selbstverständlich nehmen die Landespolizei und unser Ordnungsamt ihre Aufgabe sehr ernst, für Sicherheit und Ordnung zu sorgen, auch und gerade bei solchen Veranstaltungen.
Mich beschäftigt die Frage sehr, weshalb Teile der Gemeindevertretung meinen, unwahre oder halbwahre Gerüchte über die Gemeindeverwaltung oder mich als Bürgermeister verbreiten und sie sogar noch zum Inhalt offizieller Anfragen und Reden im Parlament machen zu müssen. Beispielsweise wurde den Beschäftigten der Gemeindeverwaltung in einer Anfrage der SPD unterstellt , verfassungsfeindlichen Bestrebungen „Vorschub“ zu leisten. Das, liebe Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter, geht eindeutig zu weit. Weshalb haben die Autorinnen und Autoren dieser Anfragen nicht einfach einmal bei uns angefragt und sich nach den Tatsachen erkundigt? War es womöglich die Aussicht auf einen schnellen Erfolg beim Versuch, dem Bürgermeister wieder einmal eins auszuwischen, die hier dem einen oder der anderen den Blick für die Wirklichkeit vernebelt hat? Vielleicht sollten manche doch künftig erst einmal nachdenken, was Sie da tun, bevor sie solche unfassbaren Schritte unternehmen.Wir alle, Gemeindevertreter, Gemeindevorstand, Gemeindeverwaltung, und auch ich als Bürgermeister fühlen uns dem Wohl unserer Gemeinde und der Menschen, die hier leben, verpflichtet. Was da zu tun ist, die Einschätzung darüber, welchen Weg wir wie gehen sollen, mag uns unterscheiden. Aber ganz sicher nicht das feste Bekenntnis zu unserem Grundgesetz und unserer freiheitlichen und demokratischen Grundordnung.
Deshalb bitte ich alle noch einmal: Fangen wir endlich an, abzurüsten. Ich werde versuchen, mit gutem Beispiel voranzugehen. Und ich richte meine ehrlich gemeinte, inständige Bitte an Sie alle, wieder zur Sachlichkeit zurückzukehren und nicht hinter jeder Information oder Aktion der Gemeindeverwaltung eine Verschwörung oder einen perfiden Akt der Unwahrheit zu vermuten. Das ist unserer Ämter und unserer Gemeinde nicht würdig.
Norman Zimmermann, Bürgermeister